Beinahe mitten im Hessenland, zwischen Wetterau, Kinzig und Schwalm, quollen vor langer Zeit gewaltige Lavamassen aus dem Inneren der Erde, wuchsen an zu einem mächtigen Berge und erkalteten. Gewaltig nicht an Höhe, sondern an Umfang. Wenn du ihn quer durchwandern willst, magst du wohl zehn Stunden brauchen, fünf bergauf und fünf wieder bergab. Von der Gluthitze seines Entstehens verspürst du heute nichts mehr. Im Gegenteil, die Bewohner sagen, drei Viertel des Jahres sei es dort oben Winter und ein Viertel des Jahres kalt. Und die Spötter fügten hinzu, dort brauchen die Zwetschgen zwei Jahre zum Reifen. Im zweiten Jahr müsse man sie aber mit der anderen Seite nach der Sonne hängen.
In Herchenhain soll es sich zugetragen haben
So unwirtlich soll früher der Berg gewesen sein, dass der Herrgott über ihm den Teufel aus dem Himmel warf und meinte, dort sei es gut genug für den schwarzen Übeltäter. Gerade über Herchenhain soll sich das zugetragen haben, aber man weiß es nicht mehr so genau. Geblieben ist der Teufel jedenfalls dort nicht, sondern mit Gestank zur Hölle gefahren.
Und das kam so:
Ein armer Schmied, der rasch und ohne viel Arbeit reich werden wollte, verschrieb dem Teufel für viel Geld seine Seele. Nach drei Jahren sollte sie der Teufel holen dürfen, wenn er drei Proben bestehe, die der Schmied von ihm fordern würde.
Drei Jahre lebte der Schmied in Saus und Braus. Drei Jahre gehen aber rasch herum, und je näher der Tag kam, an dem der Vertrag mit dem Teufel ablief, umso stiller und bedrückter wurde der leichtsinnige Mann. Ruhelos wanderte er im Oberwald umher und wusste nicht, wie er dem Teufel beikommen solle. Am nächsten Tag würde er kommen und seine Seele holen.
Ganz verzweifelt setzte sich der Schmied auf einem Baumstumpf und starrte in den Wald. Wie sehr er sich auch anstrengte, einen Ausweg aus seiner Lage zu finden, es fiel ihm nichts ein. Da stand plötzlich ein altes buckliges Weibchen neben ihm. „Hihi“, sagte es mit seinem zahnlosen Mund, „hihi, jetzt sitzt du da, du Sünder, und bangst um deine Seele. Versprich, dass du wieder ein fleißiger, ordentlicher Mensch werden willst, dann will ich dir helfen“. Der Schmied versprach es, und die Alte flüsterte ihm ihren Rat ins Ohr.
Pünktlich um die zwölfte Stunde fuhr der Teufel durch die Esse in die Schmiede. „Deine Zeit ist um. Ich bin gekommen, dich zu holen!“ „Du magst es“, sagte der Schmied ohne Furcht, „aber erst, wenn du die Proben bestanden haben wirst, die ich nach unserem Vertrag von dir fordere.“ Dabei riss er sich ein Büschel seiner krausen Haare aus und verlangte: „Schmiede sie mir gerade!“ Der Teufel fluchte und warf die Haare in das Feuer. Die erste Probe war nicht bestanden.
Nun trat der Schmied an den Amboss und begann zu schmieden. „Sage mir jetzt, was das für ein Werkzeug werden soll.“ Der Teufel sah zu, wie sich das Eisen formte. Das konnte doch nur eine Feuerschippe werden. “ Eine Feuerschippe wird das“, brüllte er zornig. „Hast du gedacht“, sagte lachend der Schmied und gab dem Eisen noch einen festen Schlag, dass es sich über die Kante des Ambosses bog und eine Krauthacke wurde.
Zur dritten Probe führte der Schmied den Teufel hinter das Haus. Dort saß in einem Baum ein riesiger Vogel. „Was ist das für ein Vogel?“ Der Schwarze kratzte sich hinter den Ohren. Nein, solch einen Vogel hatte er noch nie gesehen. Da er nun bei allen Proben hereingefallen war, fuhr er in die Luft und verschwand für immer aus der Gegend.
Was aber war das für ein Vogel?
Der Schmied hatte seine Frau geheißen, sich in einem Backtrog voll Teig, danach in einem Federbett zu wälzen und auf den Baum zu steigen.
Die Leute lachten über die Geschichte rundum in den Dörfern des Berges und nannten ihn seitdem den Vogelsberg.
(frei nach Theodor Trog)